A-Staub und Nanostaub – die besondere Gefahr

„Wo gehobelt wird, da fallen Späne“: Jeder kennt diesen Satz in Bezug auf die Arbeitswelt. Und tatsächlich wird an vielen Arbeitsplätzen Staub freigesetzt. Das betrifft auch die Bauwirtschaft mit mehr als 2,4 Millionen Beschäftigten in Deutschland. Die meisten von ihnen arbeiten in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Besonders für Unternehmen mit wenigen Beschäftigten stellt der Arbeitsschutz eine ganz praktische Herausforderung dar. Nichtsdestotrotz müssen auch KMU für die Vermeidung von Gesundheitsgefahren, wie sie z. B. durch Staub auf der Baustelle entstehen, sorgen. Als Unternehmerin und Unternehmer können Sie sich hier auf die Unterstützung von starken Partnern verlassen: Neben den Unfallversicherungsträgern, insbesondere der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU), sind dies auch die Berufsverbände und berufsständischen Organisationen sowie Gewerkschaften. Um die Aktivitäten rund um das Thema Staub zu bündeln und weiterzuentwickeln, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gemeinsam mit den Sozialpartnern, den Unfallversicherungsträgern, der Bauwirtschaft und den Bundesländern das Aktionsprogramm „Staubminimierung beim Bauen“ ins Leben gerufen. Ziel ist es, die Unternehmen für das staubarme Arbeiten auf der Baustelle zu sensibilisieren – und alle Beteiligten davon zu überzeugen, verstärkt Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Die gute Nachricht: Es existieren bereits zahlreiche bezahlbare praktikable Lösungen und technische Produkte zur Staubvermeidung. Sie setzen bei den unterschiedlichen Arbeitsvorgängen an, bei denen Staub entsteht und freigesetzt werden kann. Vorrangiges Ziel ist es, Staub gar nicht erst entstehen zu lassen.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zeichnet seit vielen Jahren gute Ideen und neuartige Verfahren aus der Praxis im Rahmen des Deutschen Gefahrstoffschutzpreises aus. Im Jahr 2016 waren gute Lösungen zum Schutz vor Staub gesucht.

Wissenswertes über Staub

Staub ist lästig und wird ignoriert oder nur „schnell weggekehrt, weggesaugt oder weggewischt“, damit man sich auf der Baustelle „wichtigeren“ Aufgaben widmen kann. Doch der Eindruck täuscht. Wussten Sie, dass einige Stäube gefährlich und sogar krebserregend sind? Staub ist Ursache für viele Berufskrankheiten in der Bauwirtschaft. Wie gefährlich er ist, hängt zum einen von der Art des Staubes, der eingeatmeten Menge und der Größe der eingeatmeten Staubpartikel ab. Zum anderen davon, wie lange die Beschäftigten Staub ausgesetzt sind.

Das Gegenteil von harmlos: Staub ist ein Gesundheitsrisiko

Auf den ersten Blick erscheint Staub harmlos – er wird vor allem deshalb als störend empfunden, weil er, einmal angefallen, mit Reinigungsarbeiten verbunden ist. Dabei ist Staub nicht nur störend, sondern tatsächlich gefährlich für Menschen, die ihm ausgesetzt sind, auch wenn die Lunge grundsätzlich in der Lage ist, es mit kleineren Staubkonzentrationen aufzunehmen. Je tiefer der Staub jedoch in die Lunge vordringt, desto eher kann er gefährdend wirken. Gerade die feinsten Staubpartikel in der Größe von 0,1 bis 1 µm können besonders tief in die Lunge gelangen. Über Monate und Jahre lagern sie dort und verkleben die Lungenbläschen. Atmet man über lange Zeiträume hohe Staubmengen ein, bricht der natürliche Reinigungsprozess der Lunge zusammen.

Eingeatmete Stäube, die sich im Körper nicht auflösen, können abhängig von bestimmten Eigenschaften Krankheiten auslösen. Das kann von chronischer Bronchitis, Allergien über sogenannte Staublungenerkrankungen, wie Silikose, bis hin zu Krebs reichen. Die Gefahr zu erkranken, hängt auch davon ab, wie lange man Staub ausgesetzt ist und wie groß die Staubpartikel sind, die eingeatmet werden. Der feine Staub ist ein „stilles“ Gesundheitsrisiko: Man sieht ihn kaum, man hört ihn nicht – aber er ist gefährlich.

Einmal gekehrt – Staubproblem gelöst?

Im Gegenteil: Ist der Staub erst einmal aufgewirbelt, bleibt er lange Zeit in der Luft. Fast sieben Stunden benötigt ein feines Staubpartikel mit der durchschnittlichen Größe von 1 µm, bis es wieder am Boden angelangt ist. Entsprechend lange kann der Staub eingeatmet werden und den Menschen gefährden. Erschwerend kommt hinzu, dass besonders feine Staubpartikel mit dem menschlichen Auge nicht sichtbar und somit oft nicht als mögliche Gefährdung wahrgenommen werden.

Expertinnen und Experten unterscheiden zwei unterschiedliche Kategorien von Staub: A- und E-Staub. E-Staub steht für den gesamten „einatembaren Staub“. A-Staub bezeichnet den Anteil des einatembaren Staubes, der so klein ist, dass er beim Einatmen nicht in Nase oder Rachen aufgehalten wird und bis in die Lungenbläschen (Alveolen) gelangt. Für den einatembaren E-Staub gilt schon seit 2001 der Grenzwert von 10 mg/m³. Aufgrund seiner Gefährlichkeit wurde der Grenzwert für den alveolengängigen A-Staub in den letzten Jahren immer weiter abgesenkt, von 6 über 3 auf 1,25 mg/m³ im Jahr 2014.

Neue Gefahr durch Nanostaub

Ebenfalls kritisch ist die Belastung durch ultrafeine Stäube von einer Größe von weniger als 100 nm zu betrachten. Diese ultrafeinen Partikel, auch U-Staub oder Nanostaub, begegnen Beschäftigten an vielen Arbeitsplätzen. Sie entstehen ungewollt, etwa beim Schweißen, Schleifen oder auch als Emission bei Dieselmotoren. Bei gezielt hergestellten Nanostäuben spricht man von Nanopartikeln. Welche gesundheitlichen Folgen die Exposition gegenüber Nanostäuben hat, ist noch nicht endgültig geklärt. Fakt ist, dass sie über den Atemtrakt, durch Verschlucken und über die Haut aufgenommen werden und sich im Körper verteilen können. Grenzwerte gibt es noch keine, deswegen sind sie im Umgang wie gesundheitsgefährdende Stoffe zu behandeln.

Schutzmaßnahmen nach dem STOP-Prinzip

Die Schutzmaßnahmen bei Luftbelastungen am Arbeitsplatz sollten nach dem STOP-Prinzip ergriffen werden:

Substitution – Entstehung von Staub verhindern: Materialien sollten ausgetauscht, Arbeitsweisen geändert werden, wenn es bessere gibt, die die Atemluft weniger belasten. Beispiele aus der TRGS 504: befeuchtete Rohstoffe oder bereits fertig gemischte Materialien wie Mörtel oder Spachtelmasse verwenden. Kein trockenes Kehren oder Abblasen von staubbelasteten Arbeitsplätzen …

Technische Maßnahmen, wenn sich die Entstehung von Staub nicht verhindern lässt: Absaugung an der Emissionsquelle; Werkzeuge mit Absaugung benutzen; bessere Filter verwenden; Luftreiniger einsetzen; Lüftungsanlagen einbauen; Einhausung …

Organisatorisch: Regelmäßige Reinigung von staubbelasteten Arbeitsplätzen; Verlagerung von Arbeitsplätzen aus belasteten Bereichen heraus; möglichst kurze Arbeitszeit an belasteten Arbeitsplätzen; ständige Beobachtung der Belastung; Schmutzschleusen; räumlich getrennte Lagerung von Bekleidung; regelmäßige Reinigung der Kleidung durch den Arbeitgeber; Unterweisung der Beschäftigten …

Persönliche Maßnahmen: PSA wie Atemschutz; Arbeitsmedizinische Vorsorge wie Lungenfunktionstests

Wer Atemwegsbeschwerden, Kurzatmigkeit, häufiges Husten und Auswurf an sich beobachtet, sollte auf jeden Fall einen Arzt aufsuchen

Besonders gefährliche Stäube auf der Baustelle

Auf Baustellen, besonders bei Sanierungen, können unterschiedliche Stäube gleichzeitig auftreten: Gipsstaub (weniger gefährlich), Zement-, Holz-, Mörtelstaub, Asbeststaub, aber immer auch Quarzstaub. Quarzstaub ist besonders aggressiv, wenn er beim Brechen, Schleifen oder Mahlen neu entsteht, da die frischen Bruchkanten der Partikel stark auf die Lunge wirken. Darum wurde auch ein Beurteilungsmaßstab für die Belastung am Arbeitsplatz festgelegt, der mit 0,05 mg/m³ deutlich niedriger liegt als bei anderen Stäuben. Quarzstaub kann bei der Bearbeitung aller sandhaltigen Bauteile (Mörtel, Zementestrich, Klinker, Fliesen etc.) freigesetzt werden. Er kommt auch in der Landwirtschaft, in Steinbrüchen, im Bergbau oder bei Steinmetzarbeiten vor. In der Bauwirtschaft können Unternehmen und ihre Beschäftigten auf eine besondere Staub Art treffen: Asbeststaub. Im Zuge zunehmender Sanierungen älterer Gebäude kommt die ehemalige „Wunderfaser“ wieder verstärkt ans Licht. Asbest ist ungefährlich, solange er nicht freigesetzt wird, beispielsweise durch Brechen oder Bohren. Asbeststaub ist allerdings hochgradig krebserregend. Wie beim Quarzstaub zeigen sich die Folgen für den Körper nicht sofort, sondern meist erst nach einer langen Latenzzeit. Diese beträgt zwischen Exposition (also dem Zeitpunkt, an dem Asbestfasern eingeatmet wurden) und dem Ausbruch der Erkrankung durchschnittlich fast 40 Jahre. Weltweit sterben schätzungsweise noch immer 100.000 Menschen pro Jahr, weil sie mit Asbest in Kontakt gekommen sind.

Staubarmes Arbeiten ist möglich – und gesetzlich vorgeschrieben

Trotz dieser Gefahren wissen nicht alle, dass staubarmes Arbeiten schon seit vielen Jahren verbindlich vorgeschrieben ist: in der Gefahrstoffverordnung und in den Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS). Vorgaben zum Umgang mit Staub finden sich vor allem in den Technischen Regeln mit den Nummern 504, 521 und 559. Geltende Arbeitsplatzgrenzwerte sind in der TRGS 900 aufgelistet. Wie staubarmes Arbeiten in der Praxis gelingen kann und welche technischen Lösungen dabei zur Verfügung stehen, erfahren Sie bei uns.

Programme und Initiativen

Die Absenkung des Arbeitsplatzgrenzwertes für A-Staub auf 1,25 mg/m³ im Jahr 2014 war für viele Akteure in der Bauwirtschaft ein Signal, die eigenen Aktivitäten gegen Staub zu verstärken. Gemeinsam machen sie bundesweit auf die Gefahren durch Staub aufmerksam. Sozialpartner, Berufsverbände und Behörden verbreiten bereits existierende Lösungen und sind bestrebt, diese weiter bekannt zu machen.

Aber auch für die Baubetriebe gibt es Handlungsbedarf, zumal der Einsatz von Maschinen wie Steinsägen, Winkelschleifern oder Mauerfräsen ohne Staub-Absauger inzwischen verboten wurde. Um einen Rückgang der Berufskrankheiten zu erreichen, gewährt die BG BAU den Unternehmen finanzielle Anreize für die Anschaffung von Bau-Entstaubern, Vorabscheider für Bau-Entstauber, Absaug-Bohrer, Staubschutzwände sowie Luftreiniger. Antragsberechtigt sind gewerbliche Mitgliedsunternehmen der BG BAU mit mindestens einem Beschäftigten.

Informationen zu den Fördersummen unter www.bgbau.de/praemien.